Sonderausstellung vom 22. Januar bis 20. März 2022, verlängert bis 27. März 2022
Filmnachmittag im Kollwitz-Museum
„Die Abenteuer des Prinzen Achmed“
Samstag, 19. März 2022
um 16:30 Uhr
Filmvorführung ist im Eintrittspreis enthalten.
Begrenzte Teilnehmerzahl – um vorherige Anmeldung wird gebeten.
(E-Mail an info@kaethe-kollwitz.de oder per Telefon 030 882 52 10
oder Sie buchen sich bequem ein Zeitfensterticket über unsere Homepage)
Filmlänge: 66 Minuten
Für die Vorführung gilt die 3G-Regelung plus FFP2-Maskenpflicht.
Erleben Sie in unserem Museumskino Lotte Reinigers Filmklassiker „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ aus dem Jahr 1926, den ersten abendfüllenden Animationsfilm der Filmgeschichte. Die junge Trickfilmpionierin schuf den Silhouettenfilm mit einem kleinen Team in dreijähriger Arbeit. Es wurden etwa 250.000 Einzelbilder auf dem Tricktisch belichtet, von denen etwa 96.000 schließlich Verwendung fanden. Im Stopmotion-Verfahren wurden die zahllosen filigran ausgeführten Scherenschnitte zum Leben erweckt.
Filmkomponist Wolfgang Zeller schrieb in engem Kontakt mit Lotte Reiniger eine symphonische Musik zum Film, die damals live aufgeführt wurde. Die erste Vorführung fand am 2. Mai 1926 als Matinee-Vorstellung (hauptsächlich für geladene Gäste wie Regisseure, Produzenten und Kollegen aus der Film- und Theaterbranche) in der Berliner Volksbühne am Bülowplatz (heute: Rosa-Luxemburg-Platz) statt. Eine glanzvolle Premiere des Films gab es – durch Vermittlung des französischen Filmregisseurs Jean Renoir – im Juli 1926 in der Comédie des Champs-Elysées in Paris – und über diesen Umweg kam „Prinz Achmed“ erneut nach Berlin, wo er am 3. September 1926 im Gloria-Palast an der Gedächtniskirche zu sehen war.
Bis heute hat Lotte Reinigers Meisterwerk, das auf Motiven aus der morgenländischen Geschichtensammlung Tausendundeiner Nacht basiert, nichts von seiner Faszination verloren.
Das Käthe-Kollwitz-Museum widmet sich im Rahmen seiner letzten Sonderausstellung am jetzigen Standort dem Werk zweier herausragender Künstlerinnen der Weimarer Republik. Lotte Jacobi (1896-1990), deren Welt sich um die Fotografie drehte, und Lotte Reiniger (1899-1981), die sich dem Scherenschnitt verschrieb. Mit Neugier, Talent und Geschäftssinn setzten sich die Fotografin und die Trickfilmpionierin in der männerdominierten Kunstszene durch und verkehrten in den gleichen Kreisen wie unsere Hauskünstlerin. Die Sonderschau zeigt auf, wie ihre Karrieren in der aufstrebenden, lebendigen Kulturszene des Berlins der 1920er Jahre begannen und bis zu ihrer Emigration im Jahr 1935 aufblühten.
Lotte Jacobi entstammte einer traditionsreichen Fotografenfamilie und wandte sich neben der Porträtfotografie mit Vorliebe der Theater- und Tanzfotografie zu. Bei Porträtaufnahmen für die Titelseite einer neugegründeten Frauenzeitschrift begegnete die junge Fotografin im Jahr 1929 Käthe Kollwitz. Rückblickend wirken die Porträts wie eine Hommage an die Grafikerin und Bildhauerin, die im selben Jahr mit dem Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste ausgezeichnet wurde. Zu dem väterlichen Porträtstudio mitten im Berliner Neuen Westen, das Jacobi 1927 nach ihrer Ausbildung in München übernahm, zählte ein renommierter Kundenstamm. Die Arbeit vor Ort, in den Theatern der Metropole und auch in den Ateliers der Kunstschaffenden zog sie allerdings der Studioarbeit immer vor. Dabei entstanden einzigartige Porträts wie das von Lotte Lenya bei der Premiere der „Dreigroschenoper“ im Sommer 1928. Aber auch unkonventionelle Doppelporträts wie das vom Komikerduo Karl Valentin und Liesl Karlstadt zählten zu ihrem fotografischen Repertoire. Ihre Fotografien fanden in Zeitungen und Illustrierten eine weite Verbreitung. Mit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft sah sich die erfolgreiche Fotografin jedoch gezwungen, 1935 mit ihrer Familie in die USA zu emigrieren.
Auch Lotte Reiniger entschied sich, 1935 mit ihrem Mann Carl Koch Deutschland zu verlassen. Dabei war die Trickfilmkünstlerin im Berliner Kulturleben bereits fest etabliert, drehte Werbefilme für den Werbefilmer Julius Pinschewer, fertigte Bühnenbilder an und war mit anderen Zeitgenossen der Avantgarde befreundet. Reinigers Bekanntschaft mit dem Schauspieler und Stummfilmregisseur Paul Wegener und seine Vermittlung an das 1919 von Kulturfilmer Hans Cürlis gegründete Institut für Kulturforschung bedeutete den Beginn ihrer langen Karriere. Hier schuf sie ihren ersten Silhouettenfilm und lernte ihren Mann und wichtigsten Mitarbeiter kennen. Ihr bekanntester Trickfilm und zugleich erster Animationsfilm in Spielfilmlänge, war „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“. Diesen konnte sie dank der großzügigen Finanzierung des jüdischen Bankiers Louis Hagen mit ihrem Team in dreijähriger Arbeit in Potsdam verwirklichen. Damit war sie Walt Disney um Jahre voraus. Nachdem das Ehepaar Reiniger-Koch Anfang November 1935 die Berliner Produktionsstätte auflöste, reiste es zunächst nach London, später nach Paris und Rom. Bevor die Filmemacher 1949 nach London übersiedelten, überstanden sie die (Nach-) Kriegsjahre in Berlin, wo Reiniger für die Berliner Schattenbühne arbeitete.
Die beiden Künstlerinnen treffen erstmals in einer Ausstellung aufeinander und versprechen, ein spannendes Ausstellungspaar abzugeben, dessen Werk ohne Sprache auskommt und interkulturell verstanden wird. Die Fotografin Lotte Jacobi wird mit rund 45 Aufnahmen namhafter Persönlichkeiten aus den Sparten Bildende und Darstellende Kunst, Literatur und Wissenschaft präsentiert werden. Die weltbekannte Filmemacherin Lotte Reiniger wird mit rund 30 Scherenschnitten, Zeichnungen, Skizzenbüchern, Storyboards sowie mit ihren Silhouettenfilmen vertreten sein.
Gezeigt werden vornehmlich Werke aus den Beständen der Berlinischen Galerie, der Deutschen Kinemathek, dem Jüdischen Museum, der Akademie der Künste und dem Ullstein Bildarchiv. Die Exponate zu Lotte Reiniger hingegen stammen hauptsächlich aus dem Stadtmuseum Tübingen, das den Nachlass der Filmemacherin betreut. Der Wasmuth Verlag stellt außerdem das zum Achmed-Film entstandene Mappenwerk aus dem Jahr 1926 im Rahmen der Sonderschau zur Verfügung.
Die Realisierung der Ausstellung und der Begleitpublikation verdankt sich der Finanzierung des Hauptstadtkulturfonds.
Katalog
Lotte Jacobi & Lotte Reiniger
Zwischen Erfolg und Exil
hrsg. vom Käthe-Kollwitz-Museum Berlin
mit Beiträgen von Neslihan Aslan, Evamarie Blattner und Elisabeth Moortgat
78 Seiten, zahlreiche Abbildungen
10,00 Euro
Auch ein Besuch in unserem Museumsshop lohnt sich. Begleitend zur Ausstellung bieten wir zauberhafte Kunstpostkarten mit tierischen Scherenschnittmotiven von Lotte Reiniger sowie weiterführende Publikationen und DVDs ihrer Filme an. Historische Postkarten fangen Tänzerinnen und Revuegirls der 1920er Jahre Berlins ein, darunter auch die Nichten von Käthe Kollwitz. Eine Auswahl an zeitgenössischen Romanen verbinden die Fotoporträts Lotte Jacobis mit der Kulturszene der Weimarer Republik.