
„Es sind mir drei Dinge wichtig in meinem Leben: daß ich Kinder gehabt habe, daß ich einen solchen treuen Lebenskamerad gehabt habe und meine Arbeit.“
Käthe Kollwitz zu ihrem Sohn im Januar 1926
ab dem 1. April 2022 bis Ende Juni 2022
Die letzten Monate am Standort Fasanenstraße 24 sind angebrochen und das Museum verabschiedet sich mit Werken seiner Hauskünstlerin auf allen drei Ausstellungsetagen. Neben der chronologisch präsentierten Schau zu Leben und Werk von Käthe Kollwitz, die auf der ersten und dritten Etage u.a. die vier großen druckgrafischen Zyklen der Künstlerin zeigt, ist im 2. Obergeschoss ein differenzierter Blick auf die Kunst der Kollwitz möglich.
Mit Studienblättern, Vorzeichnungen und Zustandsdrucken gibt das Museum am Beispiel „Gedenkblatt für Karl Liebknecht“ Einblick in die Werkstatt der Künstlerin und zeigt ihre intensive Auseinandersetzung mit der für sie neuen Technik des Holzschnitts.
Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg waren geprägt von politischen Auseinandersetzungen und Umbrüchen. Die Not in der Bevölkerung war groß und der Hunger vor allem in den Arbeiterfamilien allgegenwärtig. Käthe Kollwitz begann sich in den 1920er Jahren verstärkt in Aktionen gegen Hunger, Krieg und Armut einzubringen. Es entstanden zahlreiche Plakate und Flugblätter, u.a. im Jahr 1923 „Deutschlands Kinder hungern!“ als Spendenaufruf für die Internationale Arbeiterhilfe Berlin sowie das Antikriegsplakat „Die Überlebenden“, herausgegeben vom Internationalen Gewerkschaftsbund Amsterdam.
Ihre klare Haltung gegen den Krieg musste die Künstlerin sich schmerzlich erarbeiten. Bei Kriegsanbruch im Sommer 1914 überredete sie ihren Mann dazu, auch den jüngeren, noch nicht volljährigen Sohn Peter als Kriegsfreiwilligen ziehen zu lassen. In diese Kriegseuphorie stimmten viele Künstler und Intellektuelle der Zeit ein. So brachte der Galerist Paul Cassirer eine grafische Zeitschrift, die „Kriegszeit – Künstlerflugblätter“, heraus. Das zunächst wöchentlich erscheinende Blatt publizierte literarische Texte und Lithografien zum Kriegsgeschehen, die ganz den offiziellen Verlautbarungen zum Krieg und seinem Verlauf folgten. Namhafte Künstler der Berliner Secession wie Max Liebermann, August Gaul und Ernst Barlach beteiligten sich mit etlichen Beiträgen an der Publikation. Auch Käthe Kollwitz steuerte eine Lithografie bei und thematisierte die weibliche Sicht auf das Kriegsgeschehen. Ihre Arbeit „Das Bangen“ stellt die Sorgen der Frauen dar, die Söhne, Ehemänner und Brüder in den Krieg ziehen lassen mussten. Die Grafik wurde im 10. Heft am 28. Oktober 1914 veröffentlicht, wenige Tage später erfuhr das Ehepaar Kollwitz vom Tod des Sohnes Peter.
In der Studioausstellung zeigt das Museum eine kleine Auswahl der künstlerischen Arbeiten für die „Kriegszeit“, darunter neben Liebermann, Gaul und Barlach auch die Künstlerkolleginnen Dora Hitz und Hedwig Weiß.
In den Grafiken dieser Zeit thematisierte Käthe Kollwitz die prekäre wirtschaftliche Situation vieler Frauen und Mütter, die sich mit Heimarbeit über Wasser zu halten versuchten oder gar auf städtisches Obdach angewiesen waren.
Neben den häufig sorgenvollen Motiven interessierte die Künstlerin aber auch die natürliche Verbindung zwischen Mutter und Kind – im liebevollen Beisammensein, in Alltagssituationen oder beim Stillen. Aus der zweidimensionalen Zeichnung brachte Kollwitz das Mutter-Kind-Motiv heraus ins Plastische, erst in kleineren Figurengruppen wie „Mutter mit Kind über der Schulter“ oder „Frau mit Kind im Schoss“, schließlich in die große plastische Gruppe „Mutter mit zwei Kindern“.
Im Werk von Käthe Kollwitz spielt Familie eine große Rolle, doch Porträtdarstellungen der eigenen Familie sind weniger häufig zu finden. Um so eindrücklicher wirken die Arbeiten der Künstlerin, die sie in späteren Jahren zu ihrem Mann und ihren Geschwistern schuf und die das Museum in der Studioausstellung gemeinsam präsentiert.
Sich selbst stellte die Künstlerin immer wieder dar, so dass es eine Vielzahl von Selbstbildnissen in unterschiedlichsten grafischen Techniken und aus allen Lebensphasen gibt. Darüber hinaus regte Käthe Kollwitz auch andere Künstler und Künstlerinnen dazu an, sich mit ihrer Physiognomie zu beschäftigen. Das Museum zeigt anlässlich seines Abschiedes von der Fasanenstraße aus der eigenen Sammlung Porträts der Künstlerin, die andere von ihr arbeiteten. Darunter eine beeindruckende Kollwitzbüste des Bildhauers Hans Breker, im letzten Sommer gestiftet von der Tochter des Künstlers.