VORTRAG
am 14. November 2024
um 19 Uhr
Eintritt 5,00 € | ermäßigt 3,00 €
Zur Rezeption von Käthe Kollwitz in Asien
Das Werk von Käthe Kollwitz genießt auch außerhalb Europas höchstes Ansehen. In Asien hinterließ die unverwechselbare Sprache ihrer grafischen Arbeiten bleibenden Eindruck.
Die Künstlerin selbst hegte den großen Wunsch, zusammen mit ihrem Mann Karl Kollwitz nach Indien zu reisen, was einige Tagebucheinträge wie der folgende vom August 1925 belegen. Jedoch traten sie die Reise aus uns unbekannten Gründen nicht an, das Land blieb nur ein Sehnsuchtsort für die Künstlerin.
„Der Indien-Gedanke sitzt doch schon fest bei mir auch bei Karl. (…) Möglich, daß Indien mich so neu belebt, daß ich nachher viel frischer zur Arbeit sein werde – möglich ich hol mir eine Malaria und kann nachher gar nichts mehr machen.“
Woher die Indien-Sehnsucht von Käthe Kollwitz herrührt, ist uns nicht bekannt. Sie könnte womöglich dem berühmten indischen Dichter, Philosophen und Maler Rabindranath Tagore (1861-1941) begegnet sein, der sich vom 11. bis 17. Juli 1930 in Berlin aufhielt. In der Galerie Ferdinand Möller in Berlin-Schöneberg wurden in einer Einzelausstellung Aquarelle und Zeichnungen von ihm gezeigt. Anschließend überließ Tagore der Nationalgalerie ausgewählte Bilder als Schenkung, wie er in einem Brief an den Direktor Ludwig Justi festhielt. Am 14. Juli 1930 besuchte er den weltbekannten Physiker Albert Einstein (1879-1955) in seinem Sommerhaus in Caputh, einem kleinen Ort bei Potsdam. Auch hier wäre eine Begegnung mit Käthe Kollwitz nicht ausgeschlossen, ist doch mindestens ein Aufenthalt in Einsteins Sommerhaus verbürgt. Die Künstlerin war oft in Caputh, weil dort Max Immanuel, ein Freund ihres Sohnes Hans, ein Sommerhaus besaß, in dem sie und ihre Familie gern Zeit verbrachte.
Lu Xun (1881-1936), Chinas bedeutendster Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, erwarb mit Hilfe der amerikanischen Journalistin Agnes Smedley (1892-1950) Werke von Käthe Kollwitz. In den 1930er Jahren publizierte er zahlreiche Werke der Künstlerin und verhalf ihrem Namen in China zu großem Ansehen. Bereits vorher hatte Agnes Smedley, die sich ab 1918 für die indische Unabhängigkeitsbewegung gegen England einsetzte, im August 1925 in der bedeutenden indischen Zeitschrift Modern Review, die im damaligen Kalkutta erschien, einen umfangreichen Artikel über Käthe Kollwitz und ihr bedeutendes Werk mit dem Titel Germany’s Artist of Social Misery veröffentlicht.
Das Thema Kollwitz und Asien ist so vielfältig, dass sich Südostasien-Experte Werner Kraus in seinem Vortrag am 14. März 2024 ganz auf die Wirkung der Künstlerin in China konzentriert hatte. Daran anknüpfend widmet sich nun sein zweiter Vortrag am 14. November 2024 der Präsenz von Käthe Kollwitz in Pakistan, Indien und Indonesien, wie der hier abgebildete Zeitungsausschnitt aus der Sumatra-Post von 1937 beispielhaft belegt.
Dr. Werner Kraus studierte Südostasienwissenschaft am Südasien Institut der Universität Heidelberg und am Modern Indonesia Project der Cornell University, Ithaca, New York. 1984 war er Mitbegründer des Lehrstuhls für Südostasienkunde an der Universität Passau. Gegenwärtig ist Kraus Direktor des Centre for Southeast Asian Art, einer privaten Forschungs- und Dokumentationsstelle.
Die Käthe-Kollwitz-Ausstellung hat zu diesem Anlass länger geöffnet und kann bis zum Vortragsbeginn um 19 Uhr besucht werden.
Abbildung des „Klein Zelfportret“ (Kleines Selbstbildnis, 1920) in der Sumatra-Post, 10.-16. September 1937