LESUNG

am 17. Mai 2024 

um 19 Uhr

Eintritt 5,00 € | ermäßigt 3,00 €

Die Publikation „Totentanz“ ist auch in unserem Museumsshop vor Ort erhältlich.

Jutta Hoffritz liest aus ihrem Buch über das Inflationsjahr 1923

In einem Brief an ihren Sohn und die Schwieger­tochter, die sich gerade im Urlaub be­finden, schreibt Käthe Kollwitz Ende Sep­tember 1923:

„Was übrigens das Ge­halt be­trifft: Einem Boten wird das Geld nicht an­ver­traut, es müsste ge­holt werden. (Es sind fast 2 Milliarden). Da ich nicht kann (…), wird es wohl dort bleiben müssen bis nach dem 1.“

Ein äußerst statt­liches Gehalt, vermag man zu denken, wäre 1923 nicht das Jahr der Hyper­inflation in Deutsch­land. Im September zahlte die Künst­lerin wohl mindestens 75.000 Mark Porto für den Brief an Hans. Die Urlaub­skarte von Hidden­see, Wochen zuvor, war da mit 50 Mark noch vergleichs­weise günstig ge­wesen. Im November 1923 kletterte das Briefporto im Deutschen Reich schließ­lich auf 1 Milliarde. Diese Zahl­beträge sind für uns heute nur schwer nach­zu­voll­ziehen. Wie ließ sich der All­tag damals mit dieser extremen Geld­ent­wertung be­werk­stelligen?

Die Hamburger Journalistin Jutta Hoffritz ist dieser Frage in ihrem Buch „Toten­tanz. 1923 und seine Folgen“ nach­ge­gangen und wird am 17. Mai 2024 im Käthe-Kollwitz-Museum Berlin daraus lesen.

Erzählungen der Groß­mutter über ihre Erleb­nisse im Ruhr­gebiet 1923 weckten be­reits früh das Inter­esse der Autorin am Thema Inflation. Seit 20 Jahren schreibt Jutta Hoffritz für die ZEIT u.a. über die Geschichte der Geld­politik, ver­fasst neben­her auch Bei­träge für den Deutsch­land­funk. Ein „Kalender­blatt“, das zum 150. Geburts­tag des Inflations­gewinners Hugo Stinnes ent­stand, gab den Anstoß für das Buch über die Hyper­inflation.

Neben anderen be­kannten Personen der Zeit­geschichte kommt die Autorin immer wieder auch auf Käthe Kollwitz zu sprechen. Das für die Arbeiter­wohl­fahrt ent­standene Plakat „Deutschlands Kinder hungern!“ der Berliner Künst­lerin ist ein Sinn­bild für die Ent­wick­lungen des Jahres 1923.

Käthe Kollwitz, Deutschlands Kinder hungern!, Plakat, 1923, Lithografie