Ausgewählte Arbeiten der Privatsammlerin Ute Kahl
Das Berliner Käthe-Kollwitz-Museum freut sich, vierzig ausgewählte Zeichnungen und Zustandsdrucke aus der bedeutenden Privatsammlung von Ute Kahl zu präsentieren. Die Sonderausstellung Stille Kraft richtet den Blick auf die einfühlsame Seite im Werk von Käthe Kollwitz – jenen Aspekt, der ihren Arbeiten bis heute eine besondere emotionale Tiefe und Anziehungskraft verleiht.
Stille Kraft – Einfühlsamkeit im Werk von Käthe Kollwitz
Die Sonderschau widmet sich einem Thema, das das Schaffen von Käthe Kollwitz wie ein leiser, aber beständiger Strom durchzieht: der Empfindsamkeit des Blicks, der Menschlichkeit im Ausdruck, der stillen, inneren Stärke.
Bekannte Werke wie der Grafikzyklus Ein Weberaufstand (1898), die Bauernkrieg-Folge (nach 1900), das eindringliche Plakat Nie wieder Krieg (1924) oder die Plastik Pietà (1938), die heute vergrößert in der Neuen Wache in Berlin als Mahnmal steht, sind fester Bestandteil des kunsthistorischen Kanons. Doch hinter diesen ikonischen Bildern liegt ein oft übersehener Aspekt: Käthe Kollwitz’ Fähigkeit, starke Gefühle wie Sorge, Trauer, Verzweiflung oder stille Resignation aus jedem konkreten Zeitkontext zu lösen und sie in eine universelle Bildsprache zu überführen.
Frauenfiguren als Spiegel der Seele
Häufig finden sich in den Arbeiten von Käthe Kollwitz einzelne Frauenfiguren als Trägerinnen menschlicher Emotionen. Sie erscheinen ohne erzählerisches Beiwerk, reduziert auf Gesten und Haltungen, die umso intensiver wirken. Diese Konzentration auf das Wesentliche verleiht den Blättern eine Zeitlosigkeit, die auch nach über hundert Jahren nichts von ihrer emotionalen Wucht verloren hat.
Eine Sammlerin mit Leidenschaft – Ute Kahl
Die Kölner Sammlerin Ute Kahl fand über das Blatt Mütter (1919) ihren Zugang zur Kunst von Käthe Kollwitz. Dieses Werk hinterließ bei ihr einen bleibenden Eindruck und markierte den Beginn einer Sammlung, die heute alle Schaffensphasen der Künstlerin umfasst und museale Qualität hat. Aus der Überzeugung heraus, dass Kunst von solcher Bedeutung öffentlich zugänglich sein muss, stellt sie großzügig Leihgaben zur Verfügung – so auch für diese Berliner Ausstellung.
Kollwitz heute – Nähe durch Gefühl
Wie kann Kunst, die oft in Schwarzweiß gehalten ist und aus einer Zeit des Arbeiterkampfes um 1900 stammt, heutige Betrachterinnen und Betrachter berühren?
Die Antwort liegt in der emotionalen Direktheit ihrer Arbeiten. Besonders jüngere Menschen reagieren spontan auf die Ausdruckskraft der Figuren – auf ihre Trauer, ihre Stärke, ihr stilles Ausharren. Diese Unmittelbarkeit schafft Brücken zwischen Generationen und zeigt, dass die Themen von Käthe Kollwitz – Menschlichkeit, Leid, Mut und Mitgefühl – auch heute nichts an Aktualität verloren haben.
Von der Bewegung zur Ruhe – vom Schmerz zur Kraft
Nach der Ausstellung Mit Händen sprechen (2020), die sich dem Ausdruck der Hände im Werk von Käthe Kollwitz widmete, richtet Stille Kraft den Fokus auf Momente des Innehaltens: auf Situationen, in denen aus Schmerz neue Stärke erwächst oder in denen der Blick sich nach innen richtet – nachdenklich, beobachtend, ergebend.
In den gezeigten Zeichnungen und Zustandsdrucken erleben wir Käthe Kollwitz als ernsthaft forschende, selbstkritische und zutiefst menschliche Künstlerin. Ihre vielen Überarbeitungen und Variationen sind Zeugnisse eines beharrlichen Ringens um Ausdruck und Wahrhaftigkeit – und sie gewähren heute faszinierende Einblicke in ihre künstlerische Praxis.
Fotos: © Sammlung Ute Kahl, Köln
Dank an die Sammlerin
Dass diese kostbaren Blätter nicht in privaten Grafikschränken verborgen bleiben, sondern im – gedimmten – Licht des Museums ihre Wirkung entfalten dürfen, ist der Großzügigkeit von Ute Kahl zu verdanken. Ihr Beitrag ermöglicht es, Käthe Kollwitz‘ Werk neu zu entdecken – als zeitlose Sprache des Mitgefühls, der Würde und der Menschlichkeit.
Zur Ausstellung erscheint eine Begleitpublikation.




