Käthe Kollwitz, Ruf des Todes, 1937, Lithographie
Am 22. April 1945 verstarb Käthe Kollwitz im Alter von 77 Jahren in Moritzburg bei Dresden. In den letzten Monaten vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs wuchs in ihr zunehmend die Sehnsucht nach dem Tode. Die Künstlerin, deren Sehkraft allmählich nachließ, schrieb im November 1944 an ihre Schwester Lisbeth, die sie noch zwei Monate vorher besucht hatte: „(…) Wenn es auch nicht mehr zum Arbeiten kommt – aber das Augenlicht auch noch zu verlieren, wäre mir doch sehr schwer gewesen.“
Erst im Juli 1945 erreichte die Nachricht ihres Todes die Öffentlichkeit. Ihr letzter Wohnsitz und Sterbeort: der „Rüdenhof“, ein Nebengebäude des Schlosses Moritzburg. Hier hatte die Künstlerin ein sicheres Quartier vor dem nicht enden wollenden Krieg gefunden. Im Hinblick darauf, dass die Wohn- und Arbeitsräume von Käthe Kollwitz in Berlin wie auch ihre alte Heimatstadt Königsberg durch Bombenangriffe zerstört wurden, stellt das Domizil in der Meißner Straße, das den Krieg überstand, einen Ort von besonderem Erinnerungswert dar. Obwohl sie hier nur wenige Monate verbracht hatte, ist der Rüdenhof heute der letzte erhalten gebliebene authentische Ort, der der bedeutenden Künstlerin gedenkt.
Prinz Ernst Heinrich von Sachsen, der Kollwitz schon aus Berlin kannte und passionierter Kunstsammler war, brachte die betagte und gesundheitlich angeschlagene Künstlerin in dem Nebengebäude am Rande des Moritzburger Schlossteiches unter, von dem aus sie auf das Schloss Moritzburg blicken konnte. „Für mich schleppen sich die langen Wintermonate hin, gut wenigstens, daß mein Fensterplatz auf einen weiten See geht“, schrieb sie am 5. Dezember 1944 an das befreundete Ehepaar Wally und Otto Nagel.
Kollwitz verließ im Spätsommer 1943 Berlin, ihre Familie und ihre Wohn- und Wirkungsstätte nur schweren Herzens. „Nicht weil sie sich fürchtete vor Bombennächten und Alarmsirenen, nur weil sie damals schon sehr alt und gebrechlich war und meine Eltern sie dringend darum baten“, so Jördis Kollwitz, eine Enkelin der großen Künstlerin, im Sommer 1947.
Der Rüdenhof, in dem Kollwitz ihre letzten Lebensmonate verbrachte, befindet sich nahe Dresden und damit nahe des Kupferstich-Kabinetts, mit dem die Künstlerin in besonderer Weise verbunden war. Von hier ging die stete Förderung und Sammlung ihrer graphischen Kunst aus.
Dank der systematischen Ankaufstätigkeit des damaligen Direktors Max Lehrs entstand ab 1898 die erste museale Kollwitz-Sammlung überhaupt. Lehrs, der mit Kollwitz einen intensiven Briefwechsel und eine langjährige Freundschaft pflegte, leitete das Kupferstich-Kabinett ein Vierteljahrhundert. Bis heute beherbergt das Dresdner Museum eine der weltweit bedeutendsten öffentlichen Sammlungen von Kollwitz’ Werken.
Im Rüdenhof ist heute das Käthe Kollwitz Haus Moritzburg untergebracht, das Käthe Kollwitz gedenkt und den authentischen Ort durch Ausstellungen, Veranstaltungen und museumspädagogische Angebote lebendig hält.