Was war das spannend! Am vergangenen Donnerstag konnten das Kollwitz-Team und zahlreiche Pressevertreter am Abtransport der überlebensgroßen Bronzeplastik des Bildhauers Gustav Seitz (1906-1969), die Käthe Kollwitz sitzend darstellt, teilhaben. Das mehrstündige Unterfangen ging schon in den frühen Morgenstunden los. Verantwortet wurde die Aktion durch das Team um Hermann Noack, den Eigentümer der gleichnamigen Bildgießerei. Bei Noack wurde seinerzeit auch der Zweitguss der Figur hergestellt, den die Witwe von Gustav Seitz, Luise Seitz, dem Museum zur Eröffnung im Mai 1986 geschenkt hatte. Der Erstguss steht seit 1960 auf dem Kollwitzplatz gegenüber dem ehemaligen Wohnhaus von Käthe Kollwitz im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg.
Museumsleiterin Dr. Josephine Gabler und Hermann Noack beobachteten jede Handbewegung genau – für das Bildgießerei-Team ein fast alltäglicher, doch für das Kollwitz-Team ein mit großer Spannung erwarteter und von viel Aufregung begleiteter Auftrag.
Man mochte gar nicht hinschauen, als der Grande Dame, die unter dem Kuppeldach des alten Museumsstandorts an der Fasanenstraße seit über 35 Jahre gethront hatte, eine Rundschlinge um den Hals gelegt wurde. Mit höchster Sorgfalt und Vorsicht wurde sie von drei Mitarbeitern in Schutzausrüstung fachgerecht mit einem Trennschleifer nach und nach in vier Teile zerlegt – ein notwendiger Schritt, um die etwa eine halbe Tonne schwere Skulptur mit einem Kran aus dem Dachgeschoss der Stadtvilla herausheben und auf einen Transporter verladen zu können, denn durch die Tür hätte sie im Ganzen und selbst zweigeteilt nicht durchgepasst. Ein lauter und staubiger Kraftakt, der von den Pressevertretern aufmerksam verfolgt und gefilmt wurde.
In den Werkstätten der traditionsreichen Berliner Kunstgießerei wird die Kollwitz-Figur wieder zusammengesetzt, verschweißt und patiniert. Von den Schnitten wird dann nichts mehr zu sehen sein. Ein Neubeginn in makelloser Schönheit.
Nach der bald anstehenden aufwendigen Sanierung des Schlossparks am Schloss Charlottenburg wird die Skulptur den ihr zugedachten Platz vor dem Theaterbau unter freiem Himmel einnehmen. Wie ihr Pendant auf dem Kollwitzplatz wird sie zu einer Freiluftskulptur werden, die zukünftig Spaziergänger und Museumsbesucher in gewohnt gelassener und beständiger Manier begrüßen wird.