Im April vor 77 Jahren ver­starb Käthe Kollwitz in Moritz­burg bei Dresden, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
Hier ver­brachte die große Künst­lerin auf dem „Rüden­hof“, einem Neben­­gebäude des Moritz­­burger Schlosses, ihre letzten Lebens­­monate, begleitet von ihrer Enkelin Jutta und behandelt von der Ärztin Marianne Werker. Am Abend des 22. April 1945 ver­merkte diese im Toten­schein Herz­ver­sagen.

Die Grafikerin und Bild­hauerin Käthe Kollwitz hinter­ließ ein umfang­reiches Werk, das Menschen noch heute welt­weit be­rührt.

Käthe Kollwitz, Selbstbildnis, 1921, Radierung

Im Spät­sommer 1943 aus dem Berliner Zu­hause evakuiert, machte der Künstlerin ihr schlechter Gesund­heits­zustand immer mehr zu schaffen. Im November 1943 schrieb sie dem Dichter Gerhart Hauptmann, mit dem sie über Jahr­zehnte im regen Aus­tausch stand, dass ihr die Kraft fehle, das Leben noch weiter zu meistern. Die beiden Künstler teil­ten zeit­lebens die Be­wun­de­rung für das Werk des Anderen.

In einer Würdigung zu ihrem 60. Geburts­tag hatte Hauptmann 1927 seine Aner­kennung wort­gewal­tig zum Aus­druck gebracht:

„In der Sinfonie der letzten vier Jahr­zehnte ist sie der un­beirr­bare, starke, tiefe Orgel­punkt. Ob es viele Frauen ge­geben hat, die einer so aus­ge­sprochenen, klar umrissenen, durch­gebildeten Bekenntnis­kunst fähig gewesen sind? Ich glaube es nicht.“

Käthe Kollwitz, Grabrelief, 1935/36, Bronze

Nach dem Goethe’schen Wort „Ruht im Frieden seiner Hände“.

Nicht mehr arbeiten zu können, de­primierte Käthe Kollwitz. Ihr Leben kreiste in dieser späten Phase haupt­sächlich um drei für sie essen­zielle Dinge: ihren Geh­stock, ihren Lieblings­dichter Johann Wolfgang von Goethe und ihren Sohn Hans.

Seit dem Tod ihres Mannes Karl im Juli 1940 gab ihr der Geh­stock meta­phorisch den fehlenden Halt. Ihre sie in Moritz­burg pflegende Enkelin Jutta bat sie darum, dass der Stock auf ihrem Sarg liegen möge. Einen Halt anderer Art gab ihr Goethe. Zeit­lebens verspürte sie eine tiefe geistige Ver­bunden­heit zu dem Weimarer Dichter. Über ihrem Bett hing Goethes Lebend­maske aus dem Jahr 1807. „Der wunder­volle Abguss“ gehörte zu den wenigen Dingen, die Käthe Kollwitz noch er­freuten. Als ihre Seh­kraft immer mehr nach­ließ, ließ sie ihn sich reichen und tastete ihn mit ge­schlossenen Augen ab, zur „Orientierung“, wie sie es nannte. Ihr Sohn Hans war ihr jedoch das Kost­barste, sie sehnte seinen Besuch schmerz­lich herbei. „Wie eine Königin im Exil wirkte sie, trotz aller Zer­störungen von einer bezwingenden Güte und Würde. Das ist das letzte Bild, das ich von ihr habe“, beschrieb Hans seinen letzten Besuch bei seiner Mutter.

Familiengrab auf dem Friedhof Berlin-Friedrichsfelde

Bei der Bei­setzung in Moritz­burg war Käthe Kollwitz‘ Sarg mit weißen und roten Magnolien­blüten aus dem Schloss geschmückt, die mit Efeu­ranken des Rüden­hofs zu Ketten ge­flochten waren. An­stelle ihres Geh­stocks lag ein kleiner blauer Kranz auf dem Sarg. Im September 1945 wurde Kollwitz‘ Asche ihrem Wunsch gemäß in das Familien­grab auf dem Berliner Friedhof Friedrichs­felde überführt, wo bereits ihr Mann und ihr Bruder Konrad Schmidt ruhten.