INTERVENTION in der ständigen Aus­stellung:
Der Bild­hauer Wilhelm Loth

Bevor das Museum seine end­gültigen, größeren Aus­stellungs­flächen im ersten Geschoß des Theater­baus be­ziehen kann und so neben der Werk­schau zu Käthe Kollwitz Raum für Wechsel­ausstellungen er­halten wird, werden bis dahin zur Über­brückung im Format „Intervention“ kleine, temporäre Sonder­aus­stellungen ein­fach in die Samm­lungs­präsen­tation integriert. Im ver­gangenen Jahr konnte das Museum in drei thematisch ver­schiedenen „Inter­ventionen“ rare Drucke und ein­malige zeichnerische Werke von Käthe Kollwitz aus zwei Privat­sammlungen zeigen. In diesem Jahr widmet sich das Haus den Künstler­kollegen von Käthe Kollwitz und zeigt in einer ersten INTERVENTION Arbeiten des Bild­hauers Wilhelm Loth (1920-1993).

Wilhelm Loth, einer der wichtigen Bild­hauer des letzten Jahr­hunderts, suchte als 17jähriger in den 1930er Jahren den Kontakt zur damals ver­femten Käthe Kollwitz, die ihm ein künst­lerisches Vorbild und eine Mentorin wurde. Es ent­wickelte sich zwischen beiden ein inten­siver Brief­wechsel, der durch zwei persön­liche Begegnungen ver­tieft wurde und erst kurz vor dem Tod der Künst­lerin endete.

Von Beginn ihrer Bekannt­schaft an be­stärkte Kollwitz den jungen Künstler, künst­lerisch tätig zu werden. Bereits 1938 lobte sie eine ihr zu­ge­sandte Papier­arbeit: „Sie gefällt mir als Zeichnung und auch der Kopf gefällt mir. Es spricht ein fester Wille aus ihm.“ (Brief vom 25. Januar 1938). Im Sommer 1940 ver­stärkt sie ihren Zu­spruch in einem weiteren Brief, der als Leih­gabe in der Ausstellung zu sehen ist.
In der Zeit des Dritten Reiches, in der die national­sozial­istische Propa­ganda das Kunst­schaffen be­stimmte, er­weiterten Kollwitz‘ Arbeiten Loths Ver­ständnis von zeit­genössischer Kunst: „Ihre Zeichnungen er­schüt­terten meine Vor­stel­lungen aufs tiefste und er­öf­fneten mir einen neuen Blick in das Leben“, schreibt er 1947 in einem Nach­ruf auf die Künst­lerin.

1939 begann Loth ein Studium an der Städel­schule in Frankfurt, setzte jedoch nach Kriegs­ende 1947 sein Studium bei Fritz Schwarzbeck in Darm­stadt fort. Im darauf­folgenden Jahr übte er bereits eine Lehr­tätigkeit als Assistent von Hermann Geibel an der Tech­nischen Hoch­schule Darm­stadt aus. In den Jahren 1953 bis 1955 leitete er die Neue Darm­städter Sezession. Von 1954 bis 1958 hatte er den Lehr­stuhl für Freies Zeichnen und angewandte Plastik der Tech­nischen Hoch­schule Darm­stadt inne. Es schloss sich die Be­rufung an die Staat­liche Aka­demie der Bildenden Künste in Karls­ruhe an, wo er bis 1986 lehrte. 1959 er­hielt er ein Stipen­dium für die Villa Massimo in Rom und nahm 1964 an der documenta III in Kassel teil. Es folgten zahl­reiche Aus­lands­reisen, Aus­stel­lungen und Aus­zeichnungen.

Wilhelm Loth starb am 17. Februar 1993 in Darmstadt.

Wilhelm Loth widmete Käthe Kollwitz drei Plastiken. Das „Relief 20/84 – Er­innerung an die Frauen von Kollwitz“ aus dem Jahr 1984 be­findet sich seit 2019 im Besitz des Kollwitz-Museums. Dieser Schenkung folg­ten 2022 aqua­rellierte Vor­studien von Loth, die das be­reits vor­handene groß­formatige Bronze­relief in eine Werk­ent­wicklung stellen. Sie bilden das künst­lerische Vor­gehen des Bild­hauers von der Idee über Studien bis hin zur fertigen Plastik ab. Loth hat diese Aquarelle nicht nur signiert, sondern den Groß­teil auch tages­aktuell datiert, sodass eine präzise Ab­folge rekon­struierbar ist.

Die INTERVENTION zeigt außer­dem aus dieser Schenkung das „Relief 50/76“ aus dem Jahr 1976 samt einer Vor­studie. Das Besondere an dem Relief: Es ist in Kunst­stoff ge­arbeitet, einem zu seiner Zeit inno­vativen Material, das in den 1970er Jahren experi­mentell in der Bild­hauerei ver­wendet wurde. Das Relief nimmt motivischen Bezug auf eine frühe Radierung von Käthe Kollwitz und ver­deutlicht die inten­sive Aus­ein­ander­setzung Loths mit dem Werk von Kollwitz.

Die INTERVENTION WILHELM LOTH läuft vom 23. März bis 23. Juni 2024.